Elektrokleinstfahrzeuge – Herausforderung für die Verkehrssicherheitsarbeit
Aktuell stehen Elektrokleinstfahrzeuge, vor allem Elektro-Tretroller, im Mittelpunkt eines öffentlichen Diskurses über den Konflikt von neuer Mobilität und Verkehrssicherheit. Ihre Zulassung für den Straßenverkehr stellt uns vor eine große Aufgabe und wir brauchen geeignete Bedingungen, um das Gefährdungspotential zum Beispiel auf dem Gehweg nicht unnötig zu erhöhen.

Es steht außer Frage, dass wir uns neuen Mobilitätsformen öffnen müssen, denn auch die Umstände und Ansprüche der Menschen in Bezug auf ihre individuelle Fortbewegung verändern sich. Wir als Verkehrswacht haben in der Vergangenheit immer wieder solche Entwicklungen begleitet und die Prozesse und Diskussionen im Sinne der Vision Zero mitgestalten können. Einen ersten Verordnungsentwurf für die Zulassung von E-Scootern und ähnlichen Fahrzeugen kommentierten wir, neben anderen Verbänden auch, noch mit und fanden meines Erachtens einen guten Konsens, mit weitgehend sicheren Rahmenbedingungen für den Einsatz. Konkret sollten es Fahrzeuge mit einer Lenkstange sein, die auf Radverkehrsanlagen unterwegs sind und einen Nachweis über Kompetenzen in der sicheren Verkehrsteilnahme erfordern. Voraussetzung wäre also eine Mofa-Prüfbescheinigung beziehungsweise ein Führerschein und damit ein Mindestalter von 15 Jahren.
Dann kam es aber ganz anders. Ohne weiteres folgte nämlich ein zweiter Entwurf mit Änderungen, die nicht mehr im Sinne der Verkehrssicherheit regulierten. Das Mindestalter wurde auf 12 Jahre gesenkt, womit auch keine Prüfbescheinigung mehr nötig ist, der Gehweg darf genutzt werden und es sollen ebenfalls selbstbalancierende Fahrzeuge ohne Lenkstange innerhalb einer Ausnahmeregelung erlaubt werden. Diese Schritte sehe ich äußerst kritisch. Nicht nur wurden die Bedenken etablierter Akteure der Verkehrssicherheits-Szene missachtet, auch den Empfehlungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) wurde nicht gefolgt. Die BASt hatte sich in einer Untersuchung zu Elektrokleinstfahrzeugen ebenfalls für einen engeren Rahmen bei der Zulassung ausgesprochen und beispielsweise selbstbalancierende Fahrzeuge ohne Lenkstange als unsicher eingestuft.
Auf der diesjährigen die Jahreshauptversammlung der DVW in Bremen nehmen wir trotz eines engen Zeitplans das Thema Elektrokleinstfahrzeugen in die Diskussion auf und berücksichtigen es auch bei den Anträgen der Verbandsbeschlüsse. Wir müssen uns als Organisation eine verbindliche Haltung schaffen und eine klare Position entwickeln, denn mit der Verordnung begegnen wir einer neuen Herausforderung in der Verkehrssicherheitsarbeit. Wie diese genau aussehen wird, können wir noch nicht abschätzen, aber wir können uns vorbereiten und entsprechend unserer Möglichkeiten reagieren. Wir mögen hier große Bedenken haben, doch es ist unsere Aufgabe, Menschen sichere Mobilität zu ermöglichen.